Nachrichten und Sprache beeinflussen Haltung und Verhalten.
Was ist eine Nachricht¹? Welchen Zweck sollten sie heute erfüllen? Kann es objektive Nachrichten geben?
Diese Fragen kommen bei mir immer dann wieder hoch, wenn es einen Anschlag – Barcelona – gab und ich „zwangsberichtet “ werde, wenn ein G20 Gipfel anders als erwartet verläuft und sich die Berichterstattung auf den Krawall konzentriert oder wenn ich „Heute“ Nachrichten wie am 24. August 2017 um 19:00 Uhr vorgesetzt bekomme.
Was davon war es wert berichtet zu werden? Was soll ich damit anfangen? Wie helfen mir diese Ereignisse, mein Leben selbständig zu gestalten, auszuwählen, mir eine eigene Meinung zu bilden, um einen bewussten und aktiven Beitrag zu einer lebendigen Demokratie leisten zu können?
Soll ich das überhaupt? Ich bezweifle das schon seit längerem. Damit stellt sich mir die Frage, warum wird was berichtet? Wer verfolgt welche Ziele damit? Ist es das Ziel aktuell, weiteren „Sicherheitbedarf“ zu induzieren, Überwachung zu rechtfertigen – gar Aufrüstung, Truppenverstärkung oder den forcierten Aufbau autoritärer Strukturen.
Wir befinden uns in einer Umbruchsituation, die westlichen Demokratien sind mehr denn je gefordert, ihr Lebensmodell zu verteidigen. Dies geht nur durch Erneuerung! Ein kritisches und essentielles Element hierbei ist die Qualität, Vielfalt und Ojektivität der Berichtersattung. Nachrichten als leicht zugängliche Informationsquelle für alle Bürger. Hierfür ist eine klare, erkennbare Trennung vom Bericht des Ereignisses und der Bewertung des Ereignisses sowie eine sehr sorgfältig überlegte Sprache erforderlich; denn mit ihr wird „jedes Fakt“ bereits zur Bewertung (z.B. „der Dax ist abgestürzt – er hat 2 % verloren).
Was möchte ich als Bürger wissen? Was ist für mich wichtig zu wissen, um….? Wie und wann will ich darüber informiert werden? Ständig? Nein, wir haben so viel Sensationsjournalismus in den letzten Jahrzehnten erlebt. Er hat sich abgenutzt, die Konsequenzen erleben wir in unseren Gesellschaften täglich bis hin zu den Hasstiraden in den sozialen Medien oder auf der Straße. Leider gibt es noch zu viele Redakteure und Redaktionen, die es nicht anders können (oder wollen?). Anstatt an der „Ursache“ anzusetzen, dem seit Jahren betriebenen „Qualitätsjournalismus“ und dem Kommunikationsstil unserer Politiker, „bekämpfen“ wir lieber die sozialen Medien. Die sozialen Medien – das Internet – sind nicht nur Orte von Hass, sondern auch ein Ort wo jedes Individuum seine Infomationen gewinnen kann und zwar in erheblich größerer Breite als über unsere öffentlich- rechtlichen Sender und etablierten Zeitungen. Ist der in den Vordergund gestellte „Schutzgedanke“ der wahre Grund?
Anders gefragt:“Kann sich eine Demokratie in diesen Tagen eigentlich unmündige Bürger leisten? Müsste sie nicht froh sein, über alle engagierten Frei-und Querdenker?“ Müsste Sie nicht alles daran setzen, jede Einzele und jeden Einzelen zu befähigen, mit-zuentscheiden und mit-zuverantworten?“
Politiker sollten sich daher ihrer eigenen Sprache viel bewußter werden, wenn sie eine gerechte (was ist das eigentlich?) und faire Gesellschaft möchten. Wenn sie reden, dass Manager „die Zukunft verpennt“ haben, wie z.Zt. üblich in Bezug auf die Autoindustrie“, beeinflussen sie die Haltung der Bürger ihrem Gegenüber in einer Weise, die nicht wertschätzend sondern geringschätzend ist. Und dies alles ohne die komplexe Materie selbst überhaupt durchdrungen zu haben. Dann würden sie eher „abgasfreie Mobilität“ und nicht das E-Auto fordern und auch eine entsprechende Darstellung in den Medien wählen. Kritik ja, aber bitte mit Hirn und Anstand!
Ich möchte konkrete, gut recherchierte Informationen – lieber etwas später, dann aber gehaltvoller. Ich möchte nicht 3 Tage lang immer wieder dasselbe leicht veränderte Bilder sehen – vom Attentat über die Prominenz, die ihr Mitgefühl ausdrückt (eigentlich eine Selbstverständlichkeit) bis zu Blumen auf der Straße. Alles nur Symbole – ohne Inhalt und Konsequenz. Was sollen uns diese Bilder vermitteln?
Welchen Wert hat die Information, dass in China ein Berg gerutscht ist und es x Tote gab? Was folgt für wen daraus? Da heißt es, der „Ifo Geschäftsklimaindex ist eingebrochen“ und dann reden wir über 0,x Punkte. Nach eingebrochen, haben viele schon nicht mehr zugehört. Nur ein negatives Gefühl ist geblieben. Was fängt der Bürger mit der Information zum Geschäftsklimaindex an? Mehr Verständnis für wirtschaftliche Zusammenhänge entwickelt er dadurch sicher nicht. Welchen Wert und welche Wirkung haben diese Nachrichten? Was sollen sie bewirken? Schon einmal darüber nachgedacht? Oder ist es einfach nur eine schlampige Sprache? Dann verdeutlicht dies zumindest die fehlende Wertschätzung für uns Bürger – uns als Kunden.
Das ein Jahr nach einem Erdbeben in Italien noch der Schutt rummliegt, ist eine Nachricht wert. Was erfahre ich sonst noch über die aktuelle politische Lage in Italien, über die Wirtschaft? Nichts! Was erfahre ich derzeit über Macrons Politik mit der er Frankreich modernisieren will? Nichts! Was erfahre ich über die 40 Parteien, die ich im September wählen könnte? Nichts! Was erfahre ich über die Expertendiskussion zur Abschaffung des Bargeldes? Nichts! Was erfahre ich über eine neue Investmentbesteuerungsreform, die für mich von Bedeutung ist, da sie meine Rente beeinflussen wird? Nichts! Die Liste ließe sich noch ein Weile fortsetzen.
Kennen Sie die Möglichkeiten der Bürgerbeteiligung in Deutschland, in den Bundesländern oder die öffentlichen Konsultationsverfahren in der EU? Unsere Regierung beschließt und verkündet für uns im Bundesgesetzblatt. Von Anhörungen, der Option der Mitdiskussion bekommen nur sehr interessierte (Interessengruppen) etwas mit. Warum werden wir nicht über die Nachrichten zu den Hauptsendezeiten und im Hörfunk regelmäßig zu Beginn und zur Halbzeit eines Beteiligungsprozesses informiert und aufgefordert, uns zu beteiligen?
Für alle, die an einer friedlichen Transformation und Weiterentwicklung unserer Gesellschaften und des Zusammenlebens interessiert sind, gewinnt die Qualität, Vielfalt und durchdachte sprachliche Darstellung der Nachrichten an Bedeutung. Sie sind eine leicht zugängliche Informationsquelle für Alle. Sie bilden eine Voraussetzung damit rechtzeitiges, überlegtes und faires Handeln in einer hochvernetzten Gemeinschaft durch mündige Bürger möglich wird. Sie würden sicher auch dann angeschaut und angehört werden, wenn sie es wert wären. Laßt uns damit beginnen! „Yes – we can!
¹Nachrichten – Definition von Dietz Schwiesau und Josef Ohler:
„Die Nachricht ist eine direkte, auf das Wesentliche konzentrierte und möglichst objektive Mitteilung über ein neues Ereignis, das für die Öffentlichkeit wichtig und interessant ist.“